Von Tahiti nach Bora Bora

Nach zweimonatigem Deutschlandaufenthalt und 30-stündiger Reise landen wir am 2. August in Papeete, wie immer mit reichlich Gepäck: 4 Segeltaschen à 30 kg, voll mit Ersatzteilen und anderen Utensilien, sind es auch dieses Mal wieder geworden. Den zusätzlichen Stress durch eine „verloren gegangene“ Air France-Buchung – tatsächlich war es wohl einfach eine Überbuchung am Anfang der Ferienzeit in Frankreich – brauchten wir eigentlich auch nicht.

 

Marina Taina / Tahiti

 

Am Kai der Marina Taina erwarten uns bereits sehnsüchtig Doris und Michael von der „Mido“, der wir ein paar dringend benötigte Ersatzteile und Zutaten für die bordeigene (vorzügliche) Leberwurstproduktion mitbringen. Wir verbringen nette Abende miteinander, bei denen wir auch über unsere Reisepläne sprechen. Wie einige andere Langfahrtsegler, die wir unterwegs kennen gelernt haben, verfolgen die beiden einen anderen Reisestil als wir: Sie bleiben viel länger an den jeweiligen Ankerplätzen, nehmen am Leben der lokalen Bevölkerung teil und knüpfen dabei auch intensive persönliche Kontakte. Allein für Französisch-Polynesien sind mindestens zwei Jahre eingeplant, in denen sie sich saisonabhängig im Dreieck Gambier – Marquesas – Gesellschaftsinseln bewegen. Gut möglich, dass bei uns immer noch etwas von der relativen Unrast unseres Berufslebens mitschwingt.

Die nächsten Tage verbringen wir wie üblich nach längerer Abwesenheit von Bord, nämlich mit ausgiebigen Putzaktionen, Verproviantieren sowie Wartungs- und Reparaturarbeiten. Ich weiß nicht mehr, von wem der Ausspruch stammt, aber offensichtlich war es ein Insider: „Weltumsegeln ist, sein Schiff an den schönsten Liegeplätzen der Welt zu reparieren“. Diesmal haben wir Probleme mit der Elektronik. Für den ausgefallenen Kartenplotter gibt es mehrfache Redundanz, aber viel Zeit müssen wir für die Umstellung unserer GPS-Positionsmeldungen auf einen neuen Service-Provider aufwenden (der alte hat immer schlechter performt und ist schließlich- ohne sich abzumelden- vollständig von der Bildfläche verschwunden). Dabei wird zeitweise unser Internet über Satellit einschließlich des Emailverkehrs blockiert, was uns im Hinblick auf die Versorgung mit Wetterdaten unterwegs doch etwas mit Sorge erfüllt.
Am Ende geht es jedoch aus wie immer: Die wichtigsten Probleme können gelöst werden, es gibt Ersatzlösungen, und eigentlich kommt man doch auch „ohne“ gut zurecht – wie vor 30 Jahren, als es einen Großteil der Technik, die heute zur Erleichterung des Seglerlebens als selbstverständlich erachtet wird, zumindest auf einer normalen Fahrtenyacht noch gar nicht gab. Irgendwann funktioniert nicht nur das Internet, sondern auch das Tracking wieder, allerdings sind wir mit der Routendarstellung auf der Google Earth-Karte des neuen amerikanischen Providers nach wie vor unzufrieden; dieses Problem wird uns wohl noch einige Zeit begleiten – wir arbeiten dran!

Eine schöne Abwechselung ist die „Mini Heiva“-Veranstaltung im nahe gelegenen Interconti-Hotel, die uns schon vor sechs Jahren gut gefallen hat. Wir erleben Höhepunkte des alljährlich auf Tahiti stattfindenden Folklore-Festivals, bei dem die besten Tänzer, Sänger und Sportler der Insel miteinander wetteifern.

 

Am 9. August kommen Monika und Günter an Bord, die wir seit Jahrzehnten kennen und die schon in den späten 70ern auf unserer Varianta in den Ionischen Inseln gesegelt sind. Immer noch Griechenland-Liebhaber, pendeln die beiden normalerweise zwischen ihren Wohnsitzen im Ruhrgebiet und auf Tinos hin und her, jetzt wollen sie uns bis Tonga begleiten.

 

 

Die nächsten Tage sind weiterhin von Restarbeiten an Bord, Dieselfassen, Ausklarieren usw. ausgefüllt. Für den Zeitraum unserer Abwesenheit war es uns gelungen, einen der ganz wenigen freien Plätze im geschützten Innenbereich der Marina zu ergattern. Nun müssen wir uns jedoch wieder an den unruhigen Außenkai legen – neben uns Superyachten, die manchmal doppelt so lang sind wie Alumni. Da ich im Marina-Bereich nicht selbst tauchen darf, engagieren wir Berufstaucher, um das Unterwasserschiff vom Algenbewuchs durch das wochenlange Liegen zu befreien. Dafür erhalten wir sogar Fotos des wieder klinisch reinen Rumpfes, die uns eventuell beim Einklarieren in Neuseeland helfen können, wo die strenge Bio Security-Behörde inzwischen einen entsprechenden Nachweis von einreisenden Yachten verlangen soll.

 

 

Wir unternehmen aber auch Touren in die Innenstadt von Papeete, um die Insel herum sowie ins Inselinnere, teils mit dem Leihwagen, teils im Geländewagen mit Tourbegleitung.

Papeete (27.000 Einwohner) ist die quirlige, bunte, aber beileibe nicht idyllische Hauptstadt Französisch-Polynesiens.

 

Papeete/ Tahiti

 

Der Markt von Papeete

 

Tahitische Impressionen

 

 

… Und noch ein wichtiger navigatorischer Hinweis aus einem nautischen Handbuch: Stecken Baguettes in den Briefkästen, weiß der Seefahrer, dass er in Französisch-Polynesien angekommen ist!

 

Blick von der Marina Taina nach Moorea

 

Am 18. August laufen wir aus der Marina aus, müssen vor der Einflugschneise des internationalen Flughafens Tahiti-Faa’a warten, um eine landende Maschine durchzulassen, dann geht es durch den Pass von Papeete hinaus aus dem Atoll. Draußen erwartet uns die Altdünung des Maramu, der die letzten Tage mit 30 Knoten aus Südost geweht hat, doch bis Moorea ist es nur ein Katzensprung. Unser Anker fällt in der berühmten Cook’s Bay, Ausgangspunkt für eine Inselrundfahrt mit dem Mietwagen bei strahlendem Sonnenschein.

 

 

Am 21. August laufen wir bei einsetzender Dunkelheit durch den gut befeuerten Pass von Avaroa, der durch den Korallengürtel um Moorea führt. Unser Ziel ist das knapp 100 Seemeilen entfernte Huahine, das wir bei Tageslicht erreichen wollen, um das Ringriff um die Insel sicher ausmachen zu können. Obgleich wir die Strecke vor sechs Jahren bereits in beide Richtungen gesegelt sind, alarmiert uns ein ganz aktueller Bericht über den Totalverlust des Katamarans „Tanda Malaika“ auf einem in der Seekarte „nicht markierten“ Riff entlang unserer Route (siehe nachfolgenden Link):

MAYDAY!!!

Kaum haben wir den Avaroa-Pass hinter uns gelassen, empfängt uns eine kräftige Dünung. Mit Wind um die 30 Knoten von achtern rauschen wir nur mit gerefftem Groß durch die Nacht, wie immer auf Vorwindkursen durch Bullenstander gesichert. Allmählich lässt der Wind etwas nach, und gegen 8 Uhr fahren wir durch den Avapehi-Pass in die Lagune von Huahine ein, die ausgezeichnet betonnt ist, ganz anders als in den meisten Tuamotus. Unser Weg führt uns etliche Meilen zwischen Insel und Ringriff zurück nach Süden, bis schließlich der Anker in der traumhaft schönen Baie Avae in türkisblauem Wasser fällt.
Wir genießen das herrliche Badewasser und die Umgebung, die nur durch die traurige Aussicht auf das Wrack der „Tanda Malaika“ beeinträchtigt wird. Die Dramatik der Ereignisse, die sich bei der Abbergung abgespielt haben, können wir nur erahnen. Monika und Günter unternehmen einen Landausflug per Bus.

 


 

Bei der Überfahrt nach Raiatea haben wir wieder guten Wind und können den Gennaker setzen.

 

 

Wir ankern in der Baie Faaroa und unternehmen am nächsten Tag einen Dinghi-Ausflug auf dem „Dschungelfluss“ Aoppomau.

 

 

Nächstes Ziel ist die Baie de Haamene auf der Nachbarinsel Tahaa, die mit Raiatea von einem gemeinsamen Korallenriff umschlossen wird.

 

 

Das gastfreundliche Tahaa-Maitai-Restaurant wird nach wie vor von Bruno aus der Normandie und seiner polynesischen Frau geführt, und ihr Vanille-Fisch ist noch genauso lecker wie 2011 (nachdem Bruno uns damals sein Rezept verraten hat, gehört diese polynesische Spezialität zu unserem Lieblingsrepertoire für Gäste sowohl an Bord als auch zu Hause)! Wie wir greift Bruno dabei am liebsten auf frisch geangelten Mahi Mahi zurück, aber wenn dies nicht möglich ist wie heute, weicht er auch gerne auf Opah (Gotteslachs) aus, den er uns – glücklicherweise erst nach dem Essen – auf einem Smartphone-Foto aus der Küche zeigt.

 

 

Am nächsten Morgen segeln wir durch die Lagune um die Nordhuk von Tahaa.

 

 

Auf der gegenüberliegenden Seite der Insel liegt die Baie Huripiti, wo wir an einer Mooring von Alains „Vanilla Tours“ festmachen, gleich neben seinem wunderschönen, parkähnlichen Grundstück mit vielen exotischen Pflanzen. Die Tour mit dem 4WD über die Insel wird aber inzwischen von seinem Sohn Noé durchgeführt. Noé erweist sich als ein würdiger, kenntnisreicher Nachfolger. Er zeigt uns, wie man die notwendige Bestäubung jeder einzelnen Vanilleblüte aufwändig von Hand durchführt, für die es wegen der kurzen Blütenöffnungsphase nur ein enges Zeitfenster von wenigen Stunden gibt. Zudem ist er ein amüsanter Plauderer; trotz des schlechten Wetters an diesem Tag haben wir viel Spaß.

 

 

Als neue Attraktion hat Noé die Besichtigung einer Boutique-Rumdestillerie im Handtaschenformat („Pari Pari“) eingebaut, die auch die beste Vanille der Insel verkauft. Wir lernen, dass es selbst bei Vanille aus Tahaa, die in Delikatessgeschäften weltweit als „Tahiti-Vanille“ angeboten wird und als die beste in Französisch-Polynesien gilt, noch deutliche Qualitätsunterschiede gibt; so soll man auf einen nicht zu hohen Feuchtigkeitsgehalt der Schoten achten. Aufgrund von Missernten im wichtigsten Anbauland Madagaskar und der hohen Nachfrage sind die Vanille-Weltmarktpreise innerhalb weniger Jahre von 30 auf 500 Euro pro Kilo explodiert. Dennoch erstehen wir etliche Päckchen – für Vanillefisch (siehe oben), aber auch als beliebtes Mitbringsel für daheim.

 

 

Eine besondere Spezialität der kleinen Brennerei ist der Rum mit Passionsfrucht, den man einmal probiert haben sollte – nicht zu süß und bestens als Digestif geeignet. Gott sei Dank liegt unser Besuch am Ende der Tour, so dass wir es nicht mehr weit zurück zum Schiff haben.

Am 29. August brechen wir nach Bora Bora auf, das in Sichtweite liegt. Kaum im offenen Wasser, steigt die See hoch, und bei raumem Wind von gut 25 Knoten und heftigen Böen erreichen wir zügig die scheunentorbreite Riffdurchfahrt in das Atoll von Bora Bora. Schwieriger ist es, einen geeigneten Liegeplatz zu finden, denn die vergleichsweise ruhig gelegenen Moorings des Bora Bora Yacht Club, die wir noch in guter Erinnerung haben, stehen Gastliegern nicht mehr zur Verfügung. Schließlich ankern wir weit weg vom Ort zwischen Ringriff und dem Motu Topua auf sechs Metern über Sandgrund – bei schönerem Wetter sicher ein idyllischer Ankerplatz. Direkt neben uns liegen Lydia und Hannes mit ihrer „Blue Lilly“, die wir in den Gambier-Inseln kennengelernt haben und die auf ein Wetterfenster für den Sprung zu den Cook-Inseln warten.

Zwei Tage später verlegen wir uns vor den ortsnahen MaiKai Marina Yacht Club. Man ist hier zwar ziemlich ungeschützt gegen Strömung, Wind und Wellen, aber die Moorings halten offenbar gut. Das Anlanden vom wild im Schwell tanzenden Dinghi am ebenso schwankenden Anleger, der zudem im Nichts endet, so dass letztlich nur ein beherzter Sprung an Land führt, das ganze begleitet von Sylvias lautstarken und wortreichen Protesten, hat hohen Unterhaltungswert. Leider bleibt die Wetterprognose auch für die beiden nächsten Tage schlecht. Wir nutzen die Zeit zum Einkaufen, Ausklarieren – was sich für polynesische Verhältnisse als überraschend bürokratisch und zeitraubend erweist -, Aufsuchen einer Wäscherei – unsere Miele-Waschmaschine an Bord hat nach acht Jahren erstmals ihren Dienst quittiert – und Dieselfassen per Kanister von der Tankstelle. Monika und Günter mieten für einige Stunden ein Auto und erkunden die Insel. Dabei legen sie auch einen Zwischenstopp im Bora Bora Yacht Club ein – und entdecken in der Flaggensammlung des Clubs den Stander, den wir dem ehemaligen Manager vor sechs Jahren überreicht haben (siehe 10. Reisebericht).

 

 

Am 2. September lassen wir vormittags noch einige schwere Regenschauer passieren, gegen Mittag legen wir ab. Kaum sind wir durch den Pass, übernimmt der Pazifik die Regie: 3 Meter hohe Wellen, Wind um die 30 , in Böen 38 Knoten. Die heftigen Schiffsbewegungen dauern den Tag und die ganze Nacht an.



2 Kommentare

  • Andreas Evi # Direkt antworten

    Sylvia und Org könnten Reiseführer für Seefahrer schreiben, jeder Satz ist interessant und man gerät ins schwärmen, ergänzt durch nautische Hinweise von Org nebst landestypischer Verpflegung und Verhaltensweisen, wäre das eine runde Sache, die neidischen Berliner Evi und Andreas

  • Günter Brand # Direkt antworten

    Liebe Sylvia, lieber Org!
    Der Reisebericht und die Fotos machen Lust auf einen solchen Törn – hätten wir den nicht schon mit euch auf Alumni unternommen. Viele schöne Erinnerungen werden wach und die anderen, die die technischen Schwierigkeiten betreffen, bleiben im Hintergrund – zumal ihr die ja gemeistert habt. Org, wir bewundern deine unendliche Geduld!
    Ganz gespannt sind wir darauf, wie unsere gemeinsame Reise auf eurer Site weitergeht.
    Eine gute Zeit auch an Land wünschen euch
    Monika und Günter

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