Passage nach Fidschi

Am Mittwoch, dem 1. Mai 2019 ist großer Aufbruch in Opua. Wir reihen uns in die Schlange der Wartenden vor dem Zollbüro ein. Da das recht umfangreiche Ausklarierungsformular vorab einzureichen ist, dauert die Prozedur pro Schiff nur etwa fünf Minuten, binnen Kürze sind wir ausklariert. Während wir erst einmal gemütlich frühstücken, verlassen die ersten Yachten bereits den Hafen. Gegen 11 Uhr lassen wir unser Signalhorn tuten und verabschieden uns von der wunderschönen Bay of Islands. Unter Groß und Fock geht es zunächst eher gemächlich gen Norden. Als wir den Schutz der Bay verlassen, packt uns jedoch sofort heftiger Schwell, und der Wind frischt auf 5 Beaufort auf. Etwa zehn Schiffe fahren zu Beginn noch mit geringem Abstand zueinander und halten Funkkontakt. So erfahren wir von ersten Opfergaben an die Fische.

 

 

Die erste Nacht auf See wird bei südlichen Winden um 6 Beaufort ganz schön „rumpelig“, viel Schlaf bekommt keiner, aber wir sind alle zügig unterwegs. Unter „Schmetterling“ machen wir prima Fahrt. Allmählich zieht sich das Feld auseinander, die Funkkontakte brechen ab, und auch vom Radarschirm und AIS verschwindet ein Schiff nach dem anderen. Wir halten nicht direkt auf Fidschi zu, sondern segeln mit Generalkurs Nordnordost etwas östlicher, um zum einen Weg nach Luv gutzumachen, denn der Wind wird von Süd fast auf Ost zurückdrehen, je weiter das Hoch im Süden nach Osten wandert; zum anderen wollen wir uns die Option eines Zwischenstopps im North Minerva Reef offenhalten. Bei beständigen 5 bis 6 Windstärken und gut 3,5 m hohen Wellen gewinnt diese Option mehr und mehr an Charme. Bereits zwei Tage vor dem Ziel verkleinern wir drastisch die Segel, da es klar ist, dass wir es am Sonntag nicht mehr im Hellen bis zum Passeingang in das einsame Atoll schaffen werden. Am Montag früh um kurz vor 7 Uhr stehen wir vor der Einfahrt ins Ringriff, um 8 Uhr fällt unser Anker, und uns umgibt herrliche Ruhe!

 

 

Gegen Mittag sind wir hier zu dritt; im rund 20 Seemeilen entfernten South Minerva Reef, einem ebenfalls unbewohnten Atoll, treffen sich weitere vier Schiffe. Einhellige Meinung: Es war anstrengend, aber so schnell waren wir in den letzten 20 Jahren noch nie in Minerva. Hier trennen sich nun auch die Wege der Fidschi- und Tonga-Fahrer. In diesem Jahr scheint der überwiegende Teil der Segler Kurs auf die Ha‘apai-Gruppe von Tonga nehmen zu wollen. Trafen wir 2017 dort kaum ein anderes Schiff, werden jetzt vermutlich Platzkarten ausgelost. Wir gönnen uns zwei Tage Ruhe, bevor wir am Mittwoch, dem 8. Mai zum Endspurt nach Savusavu auf Vanua Levu, der kleineren der beiden Hauptinseln Fidschis, aufbrechen. Wieder haben wir mit diesmal 6 bis 7 Beaufort kräftigen Wind, der Seegang ist jedoch etwas geringer. Am Samstag kurz nach Mitternacht müssen wir noch ein paar Stunden beidrehen, bevor wir gegen 7 Uhr durch das Riff in die Savusavu Bay einfahren können.

Punkt 8 Uhr, bei der Einsteuerung in die Hafeneinfahrt, hören wir Curly über VHF Channel 68 mit seinem täglichen Weckruf (außer sonntags) an die Seglergemeinde: „Gooood morniiing Savusavu!“

 

 

Curly ist Neuseeländer und einer der liebenswerten Yachtgurus im Südpazifik, der seit Menschengedenken auf seinem Boot im Naturhafen von Savusavu lebt.

 

Curlys Homepage: curlycarswell.blogspot.com/

 

Neben seinem lokalen Radionetz betreibt Curly einen ebenso informativen Blog, ist Repräsentant verschiedener internationaler Seglerverbände, war Manager einer Werft, Marina und Tauchschule, ist Mitglied im Stadtparlament und vor allem eine Fundgrube für lokales Wissen, mit einem riesigen Herz für die Segler aus aller Welt, für die er auf Anfrage sein interessantes „Fiji Chart Marking and Navigation Seminar“ abhält. Wir verdanken ihm viele hilfreiche Wegepunkte in den nautisch schwierigen Gewässern um Fidschi.

Um 9 Uhr liegen wir an einer Mooring der Copra Shed Marina fest. Knapp 1.300 Seemeilen liegen seit Opua in unserem Kielwasser; die Maschine ist in dieser Zeit gerade mal drei Stunden gelaufen. Gegen Mittag beginnt das Einklarieren: Nacheinander kommen Health, Bio Security, Immigration und Zoll an Bord, bereits zwei Stunden später ist alles erledigt. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir die Frage, ob Crewmitglieder unterwegs verstorben seien, mit einem klaren „NEIN“ beantworten können. Auch auffällige Verhaltensänderung mitreisender Mäuse und Ratten können wir nicht vermelden. Zum Glück hatten wir derartiges Getier bislang noch nicht an Bord. Nachdem man mir im Voraus schon mal zum morgigen Muttertag gratuliert hat, sind wir wieder allein an Bord und können unsere Ankunft feiern.

An Land herrscht „Saturday Night Fever“: Bis spät in die Nacht dröhnt die Reggae-Musik der Dorfjugend zu uns herüber – dann vom frühen Sonntagmorgen an fast ebenso laut und inbrünstig die Kirchengesänge ihrer Mums und Dads, während die Kids sicher noch in den Federn liegen.

 

 

Unsere Euphorie über das schnelle Einklarieren war etwas verfrüht. Am Montag sind weitere Behördengänge zu erledigen: Zahlen der diversen Gebühren auf verschiedenen Ämtern, Beantragen des „Cruising Permit“ in Suva – hierbei ist Copra Shed sehr hilfreich -, welches nach etwa drei Tagen erwartet werden kann und mit dem man dann beim Zoll die „Coastal Clearance“ erhält. Insgesamt dauert es bis Mittwochnachmittag, bis alle Formalitäten erledigt sind.

 

 

In der Zwischenzeit genießen wir den kleinen, quirligen Ort mit seinen vielen Läden und dem bunten Markt. Ähnlich wie Neiafu in Tonga, ist Savusavu einer der Kreuzungspunkte im Südpazifik, an dem sich die bunt zusammengewürfelte internationale Seglerszene trifft, vorzugsweise an den bekannten „Wasserlöchern“ wie der Bar der Copra Shed Marina.

Wir erstehen SIM-Cards für die beiden Mobilfunknetze, die auch auf den abgelegeneren Inseln funktionieren sollen, und einige Bündel Kava, das traditionell beim Ankern in einer Bucht dem jeweiligen Dorfoberhaupt („Chief“) als Gastgeschenk überreicht wird, worauf dieser den Gast -hoffentlich- willkommen heißt.

 

 

Diese Zeremonie, die wir schon von unserem letzten Besuch kennen, heißt Sevusevu. Kava ist die Wurzel des Pfefferstrauchs und hat – gemahlen und mit Wasser zu einer ziemlich unappetitlichen braunen Brühe vermengt – eine leicht berauschende Wirkung. Der Kava-Preis ist in den letzten Jahren deutlich in die Höhe geschossen, so dass wir schon deshalb beschließen, selbst lieber bei „Fiji Bitter“ und unseren Sauv-Blanc-Restbeständen aus Neuseeland zu bleiben.

Wir genießen die schöne Anlage der Copra Shed Marina mit ihren Restaurants und den immer freundlichen, ebenso gut gelaunten wie hilfsbereiten Mitarbeitern. Nach dem Erledigen aller Formalitäten und Einkäufe sind wir aber bestrebt, an einen luftigeren Ankerplatz zu wechseln. Es ist doch recht stickig hier, und die nahen Mangroven sind ein Eldorado für Moskitos, die es – trotz massiven „OFF“-Einsatzes – offenbar besonders auf mich abgesehen haben, während der Skipper fast ungeschoren davonkommt. Auch der Baulärm pünktlich ab 6 Uhr morgens von der hinter den Mangroven neu entstehenden Marina für Superyachten, die von den kleinen lokalen Yachtservicebetrieben gewiss mit einiger Sorge beobachtet wird, hält uns nicht unbedingt in Savusavu fest.

So laufen wir am Donnerstag aus und verlegen uns wenige Meilen entfernt an einen wunderschönen Ankerplatz vor dem Jean-Cousteau-Tauchresort am Eingang der Savusavu Bay mit Blick auf den palmengesäumten Strand und die sich dahinter erhebenden Hügel.

 

 

Hier wollen wir die weitere Wetterentwicklung abwarten, die einigermaßen ambivalent ist: Nördlich von Fidschi hat sich eine „tropical depression“ zusammengebraut, die sogar das Potential („moderate risk“) hat, zu einem späten Zyklon mit Orkanböen heranzuwachsen – obgleich die Zyklonzeit eigentlich Anfang Mai zu Ende gegangen ist und wichtige Indikatoren, wie 28 Grad Wassertemperatur gegenüber 31 Grad im Vorjahr, eher Entwarnung signalisieren. Die meisten Wettermodelle gehen von einem Durchzug südlich von Fidschi aus, aber eben nicht alle…

 

 

Bei dieser unsicheren Wetterlage ist es für uns klar, den Start in die „Outer Islands“ zu verschieben und zunächst in der relativ geschützten Savusavu Bay zu bleiben, bis Zugbahn und Ausprägung des Sturmtiefs definitiv sind. Zurzeit ist das Wetter noch schön. Wir verbringen die Tage mit Baden, Schnorcheln, Schreiben und Lesen – Südsee-Feeling pur, wie wir es uns schon lange gewünscht haben.



6 Kommentare

  • Kajo # Direkt antworten

    Liebe Sylvia, lieber Org,
    habe mit gebrochenem Unterschenkel endlich Zeit, eure spannenden Erlebnisse zu verfolgen. Hoffentlich wächst alles so zusammen und ist die Muskulatur noch stark genug, damit wir mit größeren Pötten noch das ein oder andere sehen können. Bei uns ist ab 5.1.20 eine Weltreise mit der Costa Deliziosa geplant, von Venedig nach Venedig. Vielleicht sieht man sich in Japan oder Korea.
    Lasst es euch gut gehen.

  • Dieter Dreyer # Direkt antworten

    Wenn ich navigatorisch in einer Restecke meines Kopfes noch richtig ticke – –
    sage ich schlaft und träumt noch gut, und in jetzt noch ca. 6 Stunden drauf
    GUTEN MORGEN SYLVIA UND ORG.
    Wenn auch „ruppig“, aber ein schöner Ritt hat Euch nach Fischi gebracht. Karla und ich haben alles in uns aufgesogen. Wir freuen uns auf Eure baldige Wieder-Eingliederung in unser „solides“ Deutschland und viel mehr noch auf den Plausch und Schluck mit Euch.
    Genießt die Zeit und herzlichen Grüße von Karla und Dieter

  • Kirsten # Direkt antworten

    Bin in Gedanken bei Euch, Essen ist mal wieder grau und frisch… habe meinen Sarong, den ich vor knapp 10 Jahren in Savusawu gekauft habe aus dem Schrank gekramt. Mit Eurem tollen Bericht, Gedanken an die Cousteau Filme sowie der laufenden Heizung hilft das ein bisschen.
    Genießt jede Sekunde! Freue mich auf weitere Nachrichten,
    Kirsten

  • Gerd Müller-van Ißem # Direkt antworten

    Danke für den tollen Bericht,
    genießt die Zeit, die Megayachten werden kommen….
    ich bereite mich auf die Rheinwoche mit J22 von Düsseldorf nach Arnheim vor
    Gerd

  • Peter Koob # Direkt antworten

    Guten Morgen Sylvia, Org,
    eine schöne Reise; den Weckruf müsste ich für Hindeloopen noch üben.
    Die Wettervorhersage für NL war mässig und für einen geplanten Kurztrip nicht geeignet.
    Mit meinem Enkelsohn Tim (16 J.) habe ich stattdessen eine Fahrstunde auf dem Verkehrsübungsplatz absolviert (Ende d.J. ist der Führerschein dran). Anschliessend sind wir zwei nach Maastricht gefahren und haben dort übernachtet, um am nächsten Morgen die DTM in Zolder Belgien zu sehen; damit er einmal sieht, was man mit dem Auto alles machen kann.
    Ein tolles WE unter „Männer“.
    Für Euch weiter gute Reise und die paar Zentimeter Wasser unter dem Kiel.
    Grüße MuP.

  • Maren # Direkt antworten

    Hallo Ihr Lieben,

    wir liegen wieder auf unseren Liegestühlen in der Winzermark. Das Wetter tut nicht mehr das, was man von ihm erwartet. Im Mai turbeln die Wohnmobile in Kroatien und der gesamten Adria bei Starksturm durcheinander. Flucht in die Heimat. Aber Ihr hört zum Glück auf die Schüsse der Meteorologen. Wahrscheinlichkeitem helfen hier nicht weiter. Muttern freut sich auf ein gemeinsames Zusammensein, das wir nach Eurer Rückkunft in Aussicht gestellt haben.

    Liebe Grüße von

    Jan, Maren und Terry, der es derzeit unabhängig jeglicher Wetterkapriolen ziemlich heiß ist.

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